Mit diesem Artikel möchten wir eine Reihe von Blogbeiträgen veröffentlichen, die sowohl den jetzigen Bauzustand beschreiben als auch einen Einblick in die Entwicklungsgeschichte des Bades geben soll. Im weiteren Verlauf werden alle Bereiche des Bades vorgestellt, die Ursachen der derzeitigen Baumängel beschrieben und deren Beseitigung vorgeschlagen.
Bevor wir in die Thematik einsteigen, möchten wir zunächst auf einiges Grundsätzliches hinweisen. Volksbäder und als solches wurde das Stadtbad Lichtenberg eingeweiht, entwickelten sich erst zum Ende des 19.Jahrhunderts und hatten ihre Blütezeit von ca. 1900 bis ca. 1914. Die Voraussetzungen dafür schaffte die im Jahr 1899 gegründete Deutsche Gesellschaft für Volksbäder, deren Mitglieder überwiegend Mediziner und Verwaltungsangestellte waren. Sie sahen sich mit den katastrophalen Hygenischen Bedingungen in den Städten konfrontiert. Fehlende Wasch- und Badegelegenheiten in den Mietskasernen der damaligen Zeit machten solche Volksbäder notwendig. Der Entwicklungsprozess machte auch bei der Größe und Ausstattung nicht halt. Die ersten Volksbäder waren reine Duschbäder die im Laufe der Zeit mit Wannenbädern gekoppelt wurden. Erst so um ca. 1905 baute man Volksbäder mit einer Schwimmhalle und im weiteren Verlauf Bäder mit zwei bzw. auch mit drei Schwimmhallen. Die Größe dieser Anstalten waren immer abhängig vom Geldbeutel der Städte und von der Größe des in Betracht kommenden Grundstücks.
Der Bau eines Volksbades in Lichtenberg wurde seit der Erteilung der Stadtrechte immer wieder ins Auge gefasst, scheiterte aber meist an den finanziellen Möglichkeiten. Erst mit Ende des 1. Weltkrieges, als man mit der Demobilmachung Arbeitsgelegenheiten schaffen mußte kam die Erbauung einer Volksbadeanstalt in Fluß. Besonders interessant war es dabei für Lichtenberg, dass das Reich bzw. der Staat dafür Zuschüsse bereitstellte. Alle Arbeiten die bis zum 15.August 1919 fertiggestellt wurden sollten den Zuschuß erhalten. Deshalb wurde im Bauamt Lichtenberg sehr eilig ein Entwurf zur Errichtung einer Volksbadeanstalt vorgestellt. Als Grundlage für die Größe und Dimensionierung wurden die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder und die Erkenntnisse der Badefachmänner zu Grunde gelegt. Das entsprechende Grundstück wurde dazu auch recht schnell gefunden und man brachte dieses Projekt auf Grund der Eiligkeit schnell zur Entscheidung. Somit konnte kurzfristig der Bauplatz eingerichtet werden und mit dem Bau begonnen werden. Hier die Rekonstruktion der Forderansicht aus dem Jahr 1919 des geplanten Volksbades.
Leider musste dann aber das Projekt zum Jahresende 1919 eingestellt werden. Die Auswirkungen des 1. Weltkieges machte es notwendig alle Baumaterialien dem dringenden Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Die weiteren politischen Entwicklungen von 1920 bis 1925 ließen den Weiterbau des Stadtbades nicht zu. Erst Anfang 1925, 5 Jahre nach dem Zusammenschluß Berlins und der Vororte zu Groß-Berlin kam das Projekt Volksbad wieder in Fahrt. Zwischenzeitlich hatten sich aber die Austattungsregelungen für Volksbäder grundlegend geändert. Und somit wurde das Projekt unter Annahme der bereits Anfang 1919 begonnen Fundamente völlig neu überarbeitet. Gefordert wurde nun ein kostengünstiges und der Verwendung zweckmäßiges Projekt zu entwickeln. Die Entscheidung dafür wurde schnell gefunden, denn die Frage der Baumaterialien und ihrer damit verbundenen Kosten waren schnell ausgemacht. Die Verwendung von Beton und auch Stahlbeton zur statischen Unterstützung war die kostengünstigste Variante. Selbst die dekorativen Vorsatzelemente wurden aus Sichtbeton hergestellt. Die Umsetzung dieser Forderungen sind heute noch gut sichtbar.
Gut sichtbar sind allerdings auch die massiven Feuchteschäden die durch nicht ordungsgemäße Wartung der Dachrinnen und Dacheinhangbleche verursacht wurden. In den 60iger Jahren wurde zur Zeit der DDR das ganze Entwässerungssystem umgebaut. Viele jetzt sichtbare Dachrinnen existierten in der jetzigen Form nicht. Man hatte sich im Ursprung bei der Regenwasserableitung für ein sogenanntes Inneres Regenwasser-Entwässerungssystem entschieden. Das bedeutet, das anfallende Regenwasser wurde von den Hauptdächern auf die Attika der Hallen geleitet und über ein Rinnensystem durch das Innere des Hauses abgeführt. Die zu DDR-Zeiten verwendeten Rinnen, Rinneneisen und Rinnenbleche hatten keine so gute Qualität. Auch das handwerkliche Geschick lies zu Wünschen übrig. Hier einige Eindrücke
Demzufolge sind natürlich bei einem Leerstand von nun 25 Jahren und einer sträflich vernachlässigten Wartung all diese Elemente durchlässig geworden und verursachen die Feuchteschäden die natürlich zum Durchnässen der Wände und bei Frost zu Abplatzungen des Innen- und Außenputzes führen. Und das ist nur das Erscheinungsbild der Außenfassade, im inneren sind die Feuchteschäden ebenfalls zu sehen. Diese Bilder wurden vor wenigen Tagen aufgenommen, wie es im Inneren aussieht haben wir ein letztes Mal im November 2014 gesehen. Auch haben wir nicht den Bauzustand des Innenhofes gesehen, es sah damals aber nicht anders aus. Zum Teil fehlten sogar die Fallrohre ganz. Hier einige Bilder des Innenhofes aus dem Jahr 2014.
Die Traurige Bilanz des Berliner Senats! Das einst modernste Volksbad Europas dem Verfall preisgegeben.
Wir werden in einem weiteren Blogbeitrag auf die Gründe der gewählten Architektur eingehen und warum welche Baumaterialien eingesetzt wurden. Der nächste Blogbeitrag zum o.g. Thema wird am Sonntag den 16.04.2017 erscheinen.