Stadtbad Lichtenberg

Oscar Lassar: Ein Pionier der Dermatologie, Volksmediziner und Initiator der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder

Wir wollen in diesen Tagen einen in Vergessenheit geratenen Mann gedenken, Oscar Lassar, dessen Erbe und Einfluss in der Welt der Dermatologie, der öffentlichen Gesundheit und der Gründung von Volksbädern weiterlebt.

In diesem Blogbeitrag erkunden wir Lassars Leben, seine bahnbrechenden Errungenschaften und seinen bleibenden Einfluss auf die Medizin und Gesellschaft sowie sein Einfluss auf die Entwicklung von Volksbädern.

Oscar Lassar hatte am 21.Dezember 2023 seinen 116. Todestag und  am 11. Januar 2024  jährte sich sein 175. Geburtstag.

Frühes Leben und Ausbildung

Geboren am 11. Januar 1849 in Hamburg, begann Lassar seine Reise in eine Welt, die er maßgeblich beeinflussen sollte. Nach seinem Studium an verschiedenen Universitäten in Deutschland und seinem Dienst als Offizier im Krieg von 1870, wandte er sich der Dermatologie zu, einem Feld, das damals noch in den Kinderschuhen steckte.

Berufliche Laufbahn und Innovationen

1880 wurde Lassar in Berlin als Privatdozent für Hautkrankheiten habilitiert und gründete bald darauf eine große Privatklinik für Hautkrankheiten und Syphilis. Dies war nicht nur ein Meilenstein in seiner Karriere, sondern auch ein Wendepunkt in der Behandlung von Hautkrankheiten. Seine Klinik wurde zu einem Zentrum für Innovation und Forschung, das die Behandlung von Hauterkrankungen revolutionierte. Zudem legte er eine beträchtliche Sammlung von Moulagen an.

Moulagen sind detailgetreue, dreidimensionale Nachbildungen von Körperteilen, Krankheitsbildern oder Verletzungen, die traditionell in der Medizin verwendet werden. Sie werden oft aus Wachs, Kunststoff oder ähnlichen Materialien hergestellt. Moulagen dienen der Ausbildung und Weiterbildung von Medizinern, indem sie eine realistische Darstellung von Krankheitsbildern, wie Hautkrankheiten oder anderen medizinischen Zuständen, bieten. Sie sind besonders wertvoll für die Dermatologie und Chirurgie, da sie eine visuelle und greifbare Referenz bieten, die in Büchern oder auf Fotos nicht so detailliert dargestellt werden kann. Moulagen wurden besonders vor der Ära der digitalen Bildgebung und der modernen medizinischen Simulationstechniken verwendet, spielen aber auch heute noch eine wichtige Rolle in der medizinischen Ausbildung. Einen Teil dieser Moulagen findet man im Medizinhistorischen Museum der Charitè und eventuell im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Im 2. Weltkrieg viel aber der überwiegende Teil der Sammlung (ca. 2000Stück) den Bombenangriffen zum Opfer. 

Wissenschaftliche Arbeiten und Lehre

Lassar war nicht nur ein praktizierender Arzt, sondern auch ein produktiver Wissenschaftler und Herausgeber. Seine zahlreichen Publikationen und seine Rolle als Herausgeber der Dermatologischen Zeitschrift trugen zur Weiterentwicklung der Dermatologie bei. Als Lehrer beeinflusste er Generationen von Medizinern, sowohl in Deutschland als auch international.

Bedeutung für die Moderne Dermatologie

Lassar war nicht nur ein Pionier in der Behandlung von Hautkrankheiten, sondern auch ein Visionär in der öffentlichen Gesundheitspflege. Seine Ansätze und Methoden haben die moderne Dermatologie geprägt und die Bedeutung der Hautpflege in der allgemeinen Gesundheit hervorgehoben.

Die Lassar’sche Paste und ihre anhaltende Relevanz

Eines seiner bekanntesten Erbe ist die Lassar’sche Paste, eine medizinische Paste zur Behandlung von Hauterkrankungen, die noch heute verwendet wird. Diese Paste, im Volksmund auch als Zinksalbe bekannt, bestehend aus Zinkoxid, Salicylsäure, Stärke und Vaseline, ist ein klassisches Beispiel für Lassars innovative Denkweise und seinen praktischen Ansatz zur Lösung medizinischer Probleme.

Einfluss auf die Ausbildung und Forschung

Lassars Einfluss auf die Ausbildung und Forschung in der Dermatologie kann nicht überbetont werden. Durch seine Lehre und seine zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten hat er das Fundament für die heutige Dermatologie und Hautpflege gelegt.

Gesellschaftliches Engagement und Öffentliche Gesundheit

Oskar Lassars Beiträge zur Dermatologie und öffentlichen Gesundheit erstreckten sich weit über die Grenzen der klinischen Praxis hinaus. Als Gründer der Berliner Dermatologischen Gesellschaft spielte er eine zentrale Rolle in der Organisation und Durchführung von wissenschaftlichen Ausstellungen, die maßgeblich zur Verbreitung dermatologischer Erkenntnisse beitrugen. Sein Engagement für die öffentliche Gesundheit zeichnete sich besonders durch seinen Einsatz für hygienische Verbesserungen aus.

Eindrucksvoll war Lassars Beitrag zur Einrichtung städtischer Desinfektionsanstalten und öffentlicher Volksbäder. Das von ihm entwickelte und vorgestellte Lassar’sche Volksbrausebad markierte einen Wendepunkt in der Geschichte der öffentlichen Hygiene. Es symbolisierte einen entscheidenden Schritt hin zu einer breiteren Verfügbarkeit von hygienischen Einrichtungen für die Allgemeinheit. Seine Initiative ging von der Erkenntnis aus, dass der Zugang zu sauberen Badeeinrichtungen ein grundlegendes Bedürfnis und Recht jedes Bürgers ist. Als Mitglied des Berliner Vereins für Volksbäder konzentrierte sich Lassar darauf, Lösungen zu entwickeln, um Brausebäder kostengünstig und somit einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Besonders bemerkenswert war Lassars Einsatz für empirische Datenerhebungen zur Badekultur. Er initiierte die erste umfassende Erhebung über die Verfügbarkeit von Badeeinrichtungen im Deutschen Reich. Die Ergebnisse dieser Studie waren alarmierend und zeigten auf, dass der durchschnittliche Bürger im Deutschen Reich statistisch gesehen nur zweimal im Jahr die Möglichkeit zu einem Bad hatte. Diese Erkenntnisse stellte Lassar in einem Vortrag mit dem Titel „Über Volksbäder“ am 13. September 1886 in Breslau vor, welcher die Dringlichkeit der Situation unterstrich.

Lassar erkannte die Notwendigkeit, das Angebot an öffentlichen Badeeinrichtungen erheblich zu erweitern. Er initiierte eine Kampagne, die sich an führende Persönlichkeiten aus Medizin, Politik, Industrie und dem öffentlichen Leben richtete, um Unterstützung für die Gründung einer Gesellschaft für Volksbäder zu gewinnen. Dieses Engagement führte zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder am 24. April 1899 im Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin. Die Gesellschaft, deren Mitgliederzahl rasch auf etwa 1600 anstieg, setzte sich aus namhaften Persönlichkeiten zusammen, darunter James Simon, Robert Koch, Rudolf Virchow, Carl Zeiss, Rudolf Mosse, Paul Felix Aschrott, Karl Hinckeldeyn, Eugen Kabierske, Johann Freiherr von Mikulicz, Max Rubner, Bernhard Spinola, Moritz Pistor, Philipp Holzmann, Ottilie und Adolf von Hansemann u.v.m.  Sie spielten eine entscheidende Rolle bei der Festlegung von Standards und Vorgaben für den Ausbau und die Verwaltung von Volksbädern.

Lassars unermüdlicher Einsatz und seine Fähigkeit, einflussreiche Persönlichkeiten für seine Ziele zu gewinnen, trugen wesentlich dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung der öffentlichen Hygiene zu schärfen und die Lebensqualität zahlreicher Menschen nachhaltig zu verbessern.

Tod und Vermächtnis

Am 21. Dezember 1907 wurde die medizinische Gemeinschaft und die breite Öffentlichkeit Berlins sowie die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder von der tragischen Nachricht von Lassars plötzlichem Tod erschüttert. Sein Ableben, das aus einer zunächst als unbedeutend erachteten Verletzung bei einem Autounfall herrührte, nahm eine tragische Wendung, als sich eine Blutvergiftung entwickelte. Diese unerwartete Tragödie unterstrich die Unberechenbarkeit medizinischer Komplikationen in einer Zeit, in der die Automobiltechnologie und das Verständnis von Infektionskrankheiten noch in ihren Kinderschuhen steckten.

Abschluss und Reflektion

Oskar Lassars Leben und Werk sind ein strahlendes Beispiel für die Kraft der Wissenschaft und des Engagements für die öffentliche Gesundheit. An seinem 175. Geburtstag erinnern wir uns an einen Mann, der nicht nur in seiner Zeit, sondern auch in unserer heutigen Gesellschaft einen tiefgreifenden Einfluss hinterlassen hat.

Schlusswort

Oskar Lassar war mehr als nur ein Arzt oder Wissenschaftler; er war ein Visionär, dessen Arbeit die Grenzen dessen erweiterte, was in der Medizin und in der öffentlichen Gesundheitsfürsorge möglich ist. Sein Erbe inspiriert uns weiterhin, und sein Einfluss wird in der medizinischen Gemeinschaft und darüber hinaus noch lange spürbar sein.

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