An dieser Stelle darf es nicht unerwähnt bleiben, dass bereits seit 1860 gedeckte Schwimmbassins im Deutschen Reich existierten. Viele gaben aber Ihre Bäder zu Preisen ab, die sich eine weite Bevölkerungszahl nicht leisten konnte. Deshalb bevorzugte Oskar Lassar auch die Herstellung von Brausebädern. Diese Einrichtungen konnten angesichts der Herstellungskosten schnell und überall errichtet werden. Der agitatorischen Tätigkeit vieler öffentlicher Vereine zur Gesundheitspflege und des Sports sowie die Gründung des Reichsgesundheitsamtes im Juli 1876 ist es zu verdanken, dass die Schwimmkunst und Körperpflege zu einem Gemeingut der Bevölkerung geworden ist und gleichzeitig zur Steigerung der Gesundheit beitrug. Die Erfolge dieser Entwicklung trugen langsam Früchte und so kam es, dass zwischen der Stadtgemeinde Berlin und dem Berliner Verein für Volksbäder am 24.12.1886 ein Vertrag zur Errichtung zweier Badeanstalten geschlossen wurde.
Der Vertrag sah im Wesentlichen folgende Regelungen vor:
– Die Stadtgemeinde Berlin stellt dem Verein für Volksbäder zum Zwecke der Errichtung zweier Badeanstalten einen Standplatz a) in dem städtischen Park an der Wallstraßeund b) auf dem alten Sophienkirchhof zwischen Berg- u. Gartenstraße unentgeltlich zur Verfügung.
– Die Erbauung der beiden Badeanstalten erfolgt durch den Verein für Volksbäder nach den Entwürfen von Ende & Böckmann unter der Massgabe der von den städtischen Behörden zu genehmigenden Projekte und Kostenanschläge.
– Das für den Bau und die gesamte innere Einrichtung der beiden Badeanstalten erforderliche Kapital wird in Höhe von 108000Mark von der Stadtgemeinde Berlin an den Verein für Volksbäder gezahlt. Dieser stellte selbst einen Kapitalanteil von 40000Mark sicher. Wie wir heut wissen wurde dieser Betrag überwiegend von James Simon bereitgestellt.
– Der Verein ist verpflichtet innerhalb dreier Monate nach Genehmigung des Projektes die Herstellung der beiden Anstalten in Angriff zu nehmen und innerhalb weiterer sechs Monate die Anstalten zu eröffnen.
– Die Verwaltung der beiden Badeanstalten wird durch den Verein für Volksbäder selbstständig geführt.
– Die Feststellung des Tarifs für die Benutzung der Badeanstalten unterliegt der Zustimmung des Magistrats.
Am 13. März 1888 erfolgte die Eröffnung der neuen Badeanstalten. Die Inneneinrichtungen wurden natürlich in Anbetracht der Herstellungskosten recht spartanisch ausgestattet. Die Folge war, das auf Grund der unablässigen Nutzung nach Jahren über eine Renovierung und Modernisierung nachgedacht werden musste. Innerhalb von zehn Jahren haben beide Badeanstalten über zwei Millionen Bäder verabreicht und dafür eine halbe Million Mark eingenommen. Bereits auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896 im Treptower Park, wurde die Ausstattung von Badeanstalten auf eine höhere Qualitätsstufe gestellt. In einer Musterausstellung wurden die Zwischenwände von Badezellen aus Marmor und alle Beschläge aus poliertem Messing ausgeführt.
Für Berlin ist dieser Werdegang der eigentliche Anfang für die Entwicklung von Volksbädern. Ende 1898 existierten in Berlin 16 Bade und Schwimmanstalten mit 21 Schwimmbecken. 11 für Männer, 9 für Frauen und ein Schwimmbecken für abwechselnde Benutzung beider Geschlechter. Diese Bade und Schwimmanstalten wurden 1898 von 392300 weiblichen und 725140 männlichen, also insgesamt 1.117.440 Personen besucht. Einen ähnlichen Verlauf nahm die Entwicklung auch in anderen Städten. Es lag daher auf der Hand, dass die Entwicklung des Badewesens und damit die Abgabe von preiswerten Bädern für die überwiegende Bevölkerungszahl vorangetrieben werden musste.
Im Herbst 1898 wandte sich der Vorstand und Aufsichtsrat des Berliner Vereins für Volksbäder unter der Leitung von Oskar Lassar an eine Vielzahl von Persönlichkeiten im Deutschen Reich mit der Bitte zum Eintritt in die zu errichtende Deutsche Gesellschaft für Volksbäder. Hohe Regierungsbeamte, Leiter städtischer Gemeinden, hervorragende Vertreter der medizinischen Wissenschaft (unter ihnen fast alle Professoren der Hygiene in Deutschland), Vorstandsmitglieder des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege, Industrielle, Bankiers und Kaufleute, politische und wissenschaftliche Publizisten sowie viele andere Freunde der öffentlichen Wohlfahrt bekundeten ihr Interesse an der Hebung des Volks-Badewesens. Dieser Einladung folgten dann ca. 1300Personen mit einem Gesamtjahresbeitrag von ca. 7000 Mark. Am 24. April 1899 fand dann die Eröffnungssitzung der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder im Sitzungssaal des Kaiserlichen Gesundheitsamtes in Berlin statt. In Ihrer Satzung wurde der Vorläufige Zweck in den §§ 1 u. 2 der Gesellschaft beschrieben.
Im §1: Der Zweck der Gesellschaft ist die Förderung und Hebung des Badewesens im ganzen Deutschen Reich. – Ihre Aufgabe ist es, in dieser Beziehung anregend und auffordernd zu wirken, insbesondere durch Schriften, Vorträge und volkstümliche Mitteilungen auf die Bedeutung der Reinlichkeitspflege hinzuweisen und den Sinn für das Baden in der Bevölkerung zu wecken. Die Gesellschaft will dafür Sorge tragen, dass eine wachsende Zahl neuer Badeanstalten errichtet und ihre Benutzung zur allgemeinen Gewohnheit werde.